Sonntag, 13. September 2020

Da "Blogger" es für nötig gehalten hat, ohne jeden Grund alle Blogfunktionen bis zur Unkenntlichkeit zu verändern und eine anständige Formatierung von Gedichten unmöglich zu machen, beende ich hiermit die Anwendung dieses Produkts. 

Neue Gedichte von mir können im Forum Otto Lenk, siehe Linkliste weiter unten links) unter der Kategorie "Lyrik" gelesen werden.


Eva Cader-Benedix

Montag, 7. September 2020




berg in der ferne
mit dem kopf im weißen
als sie jung war
sah sie ihn nicht

nun zu gebrechlich
ihn noch zu besteigen
demnächst ist verschwunden
wer von beiden




Samstag, 29. August 2020




stiche


dinge beginnen
im verborgenen
wie ein herz
zu pochen
erste schlaufe
maschen
gewebe gewirke
tisch und bett

meter um meter
ein paar generationen
leben sie
in den schränken
schatz
der frauen
dann
auf einem
flohmarkt
fort

zärtlich befingert
ungebraucht
geborgen




Samstag, 22. August 2020



Aus großer Ferne


Ich weiß noch, im letzten Augenblick kam das Bild zurück, das halb versunken schien. Verschwommen und unerklärt wie mein ganzes Leben.

Lichtes Tannengrün und Pergola ist alles, was ich je davon in Worte fassen konnte, aber das  war es nicht, ganz und gar nicht. Vielleicht hatte ich es so verschwommen gesehen, wie ich es erinnerte, aber wir zogen schon nach einem Jahr in eine andere Gegend. Mein halbes Leben lang habe ich in mir danach gesucht, dann dachte ich nicht mehr so oft daran.

Seltsam, was bleibt.

Wenn ich jetzt aus großer Ferne zurückblicke, sehe ich nur dies eine Bild, das offen blieb.

Alles andere ist vergessen.





Samstag, 8. August 2020




dystopisch


wenn alle streifen
abgeworfen
alle hörner
abgestoßen
bleibt deine
erinnerung
und geht mit dir
denn du
bleibst nicht

es wird keine streifen
noch hörner geben
auch die bilder werden
vergessen sein

mit dem schweigen
ist alles gesagt
und die folgen sind endlich
absehbar




Freitag, 31. Juli 2020





es riecht
nach nacht

mitgenommen

unbekannt
verzogen

nebel seltene
erscheinungen




Freitag, 24. Juli 2020




zurück


kluge tiere
mit bebenden flossen
schuppig vor alter

folgen den laufenden
wetterprognosen

verlassen die küsten
setzen sich ab
in die tiefen tiefen

die nacht blinzelt kurz
und läßt es gehen





Mittwoch, 15. Juli 2020





schlangengleich
windet sich im sand
trauer leise
zischelnd  
heimliches
von bald
und wieder
einst
leichtigkeit




Freitag, 10. Juli 2020




als ob
(hildegard von bingen)


da ist etwas anderes
eine stimme sagt sich
wer könnte sagen
sie sei nicht da
ich höre sie ja
scheuer beweis
dessen es nicht bedarf
auf sich bestehend
wie ich auf ihr
und klar
wie ihre glocken aus glas
folgen die wege
dem wink den sie gab
zu erkennen
bis was geschah
nicht mehr geschah





Sonntag, 28. Juni 2020





wenn du mit mir sprächst
was du hiermit tust
was sagtest du
was sagte ich dann
nicht mehr lang
und wir sind gleichalt
darum geht es nicht
denn es gab
keine fragen mehr
durch die glaswand durch
das spiegelnde glas




Montag, 22. Juni 2020




luftmentsh



wissen woher was mit einem geschieht
was gibt es zu sagen eine stunde
gibt die andere und geht über
in die nächste ungefragt wie
sommer und winter und mein tun
hat damit rein nichts zu schaffen
was weiß ich warum
mir dies immer ganz und gar richtig schien
ohne jemals daran rühren zu wollen
die verse darüber sind alt oder jung
aber jedenfalls ungestorben
im wind treibe ich auf ein ende zu
lahmend fliegend oder in ruh      
was dann kommt wird ein anfang sein
wovon muß ich nicht wissen




Montag, 15. Juni 2020




umblättern


gerade als alles
verloren scheint nimmt sich
ein augenblick zusammen
kommt an dort wo
es ankommt
auf ihn kommt heim
in ein buch und die zeichen
trügen nicht das blatt
wendet sich
von allein nein
das wort ist
nein




Montag, 8. Juni 2020




spiegel


siehst du noch aus
wie jemand
den du kennst
schon lange
nicht mehr
die sprungsehnen
verkürzt
der zugzwang
hinab
und alle geschichten
nur die halbe geschichte




Freitag, 29. Mai 2020




nehmen wir an
ich käme irgendwo vor
wie noch nie
und wäre nicht
kaltgestellt
nur von einem
anderen hunger ergriffen
und geführt
in das stetige ticken
keiner uhr
sondern etwas
das der kindheit
angehört und dem
langen altern
nach einem
ganz eigenen maß




Samstag, 23. Mai 2020




denn


wirklich
könnte es
gewesen sein
ich weiß noch
alle male vom
zauber und
von dir du
warst darin
dabei




Donnerstag, 14. Mai 2020




laß gut sein ich bin nicht
deiner meinung
nur um deinetwillen
will ich keine haben es
wird mir
zu bunt
ich streiche
die segel
mein zimmer
neu kein        
tapetenmuster kein
gummibaum nur
das abflußrohr und den
rauchabzug die
braucht es allerdings




Freitag, 1. Mai 2020




azrael


erhebend dein name
erhabener gedanke
de profundis
und der wirt
wird gekillt
er kann mehr
oder weniger
höflich sein
im dritten himmel
also auch auf erden
dreht euch nicht um
wer sich umdreht
oder lacht
wird erhört
gründlich
woher nur
im hirn
kommen er
und ich



Montag, 20. April 2020




es hat seine vorteile


gedanken
wie ein mund geschlossen
um sich selbst

wandern unbehindert
zwischen welt
und nachwelt
wenn auch unhörbar

die nichts verwundert
zugelassen
zu gelassen
zu
gelassen

während die tage
dieser tage
auf der leuchtenden athmosphäre 
flackern




Sonntag, 5. April 2020




in den lüften


das brausen
folgte einem sog
in den trichter hinein
ein frischgelegtes ei
in der hand
warm und samtig glatt
es ist zum
in die hocke gehen
man läßt sich ein wenig los
auf eigene rechnung
gleitet durch den türspalt
ins freie
ist keiner mehr
was für eine erleichterung





Donnerstag, 26. März 2020




diesmal gibt es kein wohin
das ewige fluchttier
in uns ist gestellt
in den irrgärten unserer zeit
das waren die sieben fetten jahre
und nun sind sie vorbei
von allem wurde es viel zu viel
wahrscheinlich einschließlich
von uns selbst
warum sagt man die natur
hätte kein gefühl
wenn sie so haargenau zeigt
daß sie weiß




Sonntag, 15. März 2020




augenschein


ich seh dich
mit worten
darin bist du
wer
das ist mehr
als seltsam
woher
wo denn
eigentlich
bei lebendigem
astralleib
und die stimme ist
der wind –
der zweig –




Mittwoch, 4. März 2020




spiel


aufgelegt
zu nichts

aufgeblasen         
mehrsilbig
ausgesogen
abgehoben

sie ergeben sich nicht
für wen auch
halten sie sich
eigentlich

ich muß sie alle
stehenlassen
meinerseits
absteigen

jetzt kommen sie
einfach
angeflogen!




Donnerstag, 27. Februar 2020




wie ein kleines tier
wittert
eine leichte brise
erinnerungen
die niemand
behält




Mittwoch, 19. Februar 2020




um die augen herum
wird die haut dünn

vorsicht mit dem
was vor diese augen kommt

es ist besser zu blinzeln
im scharfen licht

(es ist die zeit der altersflecken
wann immer die zuerst auftauchten)

man kann sich verkriechen
in den dämmer der dinge
um aus ihrem innern
auf die welt zu blicken
man muß  nicht zu ihr gehören

im innersten dämmer
hört man auf




Montag, 3. Februar 2020




ich kann noch hören
wie ich verschwand

vertriebene zeit
sie verwechselt die toten
mit jenen die außer reichweite leben

der geschmack
wenn fleisch und gedanke
sich aus ihren formen lösen

nun die stunde
da das dunkel
nicht mehr sieht

und jahre können ungerechnet
durch jahre gehen




Mittwoch, 22. Januar 2020




so geht es nicht weiter


ich sollte
über moose nachdenken

ich sollte endlich
mit den moosen reden

und ich sollte bestimmt
auf die moose hören

vielleicht sollte ich
mit den moosen schweigen




Freitag, 10. Januar 2020




in den beliebigen raum
fällt der mond ein
durchdringt das warten
auf licht
mit einem einfall
wie
die finsternis
eine annahme sei
weil wir nichts sehen
armselig geschöpfe
mit ihrer rache befaßt
während die nächtlichen
in frieden
jagen